In_visible limits
Anna Anders| Klaudia Dietewich| Glaser/Kunz| Franticek Klossner| Mareike Lee| maboart| Victorine Müller| Nicolai Rapp
Anna Anders (Berlin) | Klaudia Dietewich (Stuttgart) | Glaser / Kunz (Zürich)
| Frantiĉek Klossner (Bern) | Mareike Lee (Berlin) | maboart (Basel)|
Victorine Müller (Zürich) | Nicolai Rapp (Stuttgart)
Ausstellungsdauer 7. Mai bis 10. Juli 2016
Vernissage Freitag, 6. Mai 2016, 19 Uhr
Einführung Sibylle Omlin, Directrice ECAV (Ecole cantonal d‘art du Valais)
Mit vier deutschen und vier Schweizer Positionen geht „in_visible limits“ den Fragen nach, welchen Grenzen wir uns im Europa des 21. Jahrhunderts gegenüber sehen, gegen welche wir ankämpfen und welche wir – oft zu unserem Vorteil – aufrecht zu erhalten suchen. Nicolai Rapp und Anna Anders geht es um das, was sich außerhalb unserer (europäischen) Grenzen abspielt.
Sie thematisieren die Zustände und Lebensbedingungen, die bei den Menschen zu dem unbändigen Wunsch nach einem besseren Leben und damit zu den Migrationsbewegungen führen, die wir derzeit erleben. Die Arbeiten des Künstlerpaars maboart (Ursula Bohren Magoni und Claudio Magoni) und die Werke von Mareike Lee thematisieren die materiellen Barrieren: Zäune, die den physischen Inbegriff von Abschottung und Aussperrung darstellen. Die Werke von Klaudia Dietewich und Victorine Müller beschäftigen sich mit den Grenzen persönlicher Freiheit, die Staat und Wir schaft immer enger um uns ziehen. Frantiček Klossner und das Künstlerpaar Daniel Glaser/Magdalena Kunz konfrontieren uns mit der körperlichen und der seelischen Begrenztheit des Menschen. In vier Kunst-Dialogen nähert sich in_visible limits somit den verschiedenen Bedeutungsspektren von „Grenzen“ an und fragt, wie wir diese wahrnehmen und mit ihnen umgehen – ein Thema, wie es aktueller nicht sein könnte.
Zu jedem Künstler/ jeder Künstlerin erscheint eine Postkarte mit Informationen zur Arbeit.
Kuratiert von Dr. Raimund Menges vom Kontur.Kunstverein Stutgart e.V., wird „in_visible limits“ im Neuen Kunstverein Aschaffenburg, im Kunstverein Konstanz, im Kunsthaus Interlaken und im Kunst (Zeug) Haus Rapperswil gezeigt.
Öffentliche Führungen
Do, 12. Mai, 18.30 Uhr
So, 5. Juni, 11 Uhr
So, 10. Juli, 11 Uhr (Finissage)
Künstlergespräch So, 26. Juni 2016, 11 Uhr
mit Dr. Raimund Menges, maboart (Ursula Bohren Magoni und Claudio Magoni) sowie Nicolai Rapp
Einführung Sibylle Omlin, Directrice ECAV (Ecole cantonal d‘art du Valais)
Der Raum des Kunstvereins Konstanz ist selbst ein Raum mit invisible Limits . Er besteht zwar aus 3 klar abgregentzen Räume: grosser Oblicht-Saal mit Kabinett und Flur. Aber die Grenzen zu den anderen Räumen im Kulturzentrum Wessenberg sind oft fliessend, unklar, oder verwirrend. Es gibt viele Durchgangsituationen , verborgene Türen und Türen zu Treppen : Wendeltreppen/Aussentreppen. Und zu einer Abstellkammer.
8 künstlerischen Positiionen sind vom Kurator Raimund Menges vom Komtur Kunstverein Stuttgart eingeladen, mit diesem Thema invisible limits zu spielen. Und somit auch mit diesem Raum hier in Konstanz
Das besondere an dieser Ausstellung ist : die Ausstellung selbst konstruiert sich an verschiedenen Ort stets neu. Sie wanderte von Aschaffenburg hierher nach Konstanz und wird dann weiter ziehen nach Interlaken und Rapperswil, wo die 8 (oder gar 10) KünstlerInnen und der Kurator auf neue Raumverhältnisse stossen werden und – invisible limits überwindend – neue Raumsituationen für die Werke der Ausstellung schaffen wird.
Wenn man den grossen Raum betritt, ist man erst überrascht von den Lichtverhältnissen. Es gibt ein grosses Landkarten-Video, das sein eigenes Licht produziert. Es gibt viele Licht-Projektionen auf Objekte, auf Flaschen, Holzstäbe; es gibt Lichtstrahler auf Bilder / Fotos. Auf den ersten Blick scheint das Licht das Thema invisible Limits auf seine Weise aufzunehmen und in den Raum zu stellen. Was vielleicht auch Sinn macht: Die Dichotomie zwischen Sichtbarem und Unsichtbarem wird ja in der Natur zuerst durch das Licht hergestellt. Sichtbar bei Tag und unsichtbar bei Nacht. Licht und Dunkel.
Dann erst kommen räumliche Grenzen und territoriale Grenzen hinzu, die etwas Sichtbar machen oder Unsichtbar. Die etwas trennen in vordergründig oder hintergründig. Und dann gibt es ja noch die Grenze des eigenen Körpers, die das Individuum als Anderes gegenüber der Umwelt oder der Natur begreifen lässt.
Grenzen sind heute ja wieder ein Thema, obwohl wir gedacht haben, dass angesichts der Globalisierung und der EU die Grenzen erstmals verschwinden würden. Dass es no limits gibt. Dass es auf jeden Fall keine hindernden territorialen Grenzen mehr gäbe im Austausch untereinander. Warenverkehr, Reisen, Mobilität durch Arbeit und Neugier, Forschung und Produktion. Doch im Sommer 2015, als ich von Zürich aus nach Iran reiste auf dem Landweg, habe ich erlebt, wieviele Grenzen immer noch da sind. Allein am dalmatischen Mittelmeer gab es vier Grenzen zu überwinden: von Kroatien nach Bosnien Herzegowina, von Bosien Herzegowina nach Kroatien, von Kroatien nach Montenegro, von Montenegro nach Albanien, von Albanien ….
Und im Gegenzug wurden auf der Balkannordroute im Sommer 2015 die ersten Grenzen wieder hochgezogen. Gegen die Flüchtlinge und Migranten aus Syrien, Afghanistan, Irak, Pakistan. Plötzlich sprachen wieder alle von Grenzen. Vom Sichtbarmachen von Grenzen mit Zäunen, Schlagbäumen, Kontrollstellen.
So schnell wird eine unsichtbare territoriale Grenze wieder sichtbar.
In Raimund Menges Ausstellung geht es jedoch nicht nur um diese aktuelle Grenzthematik. Ich stelle mir vor, dass er schon länger das Thema der invisible limits mit sich herumtrug und dass er letztes Jahr bei der Ausstellungsvorbereitung von dieser Aktualität überrascht wurde, und die eingeladenen Kunstschaffenden auch. Und man hat der Aktualität in gewisser Weise widerstanden und nicht alles in der Ausstellung auf geographische oder räumliche Grenzen abgestellt.
„Anewand“ von maboart zeigt zwar mit dem Schräghaag und der projezierten Karten zwar geographische Grenzen aus dem Atlas. Doch nicht nur diese: Die Grenzziehung mit den Holzstäben zeigt auch auf die Temporalität und Fragilität von Grenzziehung auf.
Die Videoprojektion ´“Intruders“ von Anna Anders zeigt architektonische Grenzen auf. Eine Gruppe von jungen Menschen versucht heimlich sich vom Boden aus hoch zu stemmen und von einer Deckenkante hinabzuklettern, wie wenn die Menschen so in ein Bild oder in den Ausstellungsraum gelangen wollten. Auch hier ist die Grenze eigentlich nicht eindeutig: ist es eine räumliche Grenze oder eine Bildgrenze?
Die drei anderen Arbeiten in diesem Raum sprechen von Grenzen unseres Körpers. Vom Innen und Aussen unseres Körpers. Von unserer Haut. In der Installation „L’heure Bleu“ von Victorine Müller ist die Physis eines Körpers das Feste, das über einem Schema von einem Baum hängt. Wie in einem surrealen Traum. Das träumerische Durchschreiten von Gedankenwelten und poetischen Räumen. Victorine Müller kommt von der Performance her, in ihren Performances steht sie als Körper in einer Plastikhülle. In einem Innen, aber mit einem klaren Bezug zum Aussen. Das Plexiglas der Baumform greift diese Transparenz in dieser Installation auf. Der Körper ist hier zwar das Feste, aber auch Surreale, wie er da im Baum hängt.
Franticek Klossners Körperprojekten auf Glasflaschen spielen ihrerseits mit diesem körperlichen Innen und Aussen. Die bauchigen Glasflaschen, die normalerweise wohl Most oder einen anderen köstlichen Saft enthalten, sind Träger von Projekten, von Gesichtern, von Augen, von nackter Haut, die das Verletzliche des Körpers zeigen: das Gesicht, die Augen, die Haut.
Nicolai Rapp wiederum thematisiert in seinen Photographien die Sehnsucht von vielen Afrikanern, aber auch Indern nach einer helleren Haut. Die Haut wird mit Bleichcremes behandelt. Hier wird die Crème, die Hydrochinon enthält, auf die Fotographie aufgetragen, eine starke Chemikalie, die auf beim Entwickeln von Fotographie benutzt wird. Somit ist diese starke Crème an dieser Stelle ein Mittel, um das Aussen zu verändern, aber auch ein Stoff der im Innern des Mediums Photographie wirksam ist.
Im Kabinett sind die Arbeiten von Klaudia Dietewich und dem Künstlerpaar Glaser/Kunz zu sehen.
Glaser/Kunz thematisieren ein altes Thema der Abstraktion in Schwarz und Weiss. Licht und Schatten. Mit diesen zwei Farben kann man Räume am Einfachsten andeuten, ihr Inneres und ihr äusseres herstellen. Wir sind hier wieder beim Thema Licht – dunkel hell – das die erste unsichtbare natürliche Grenze bildet. Die beiden Farben überwinden die Grenzen des Videoformats und scheinen sich endlos ineinander zu verweben.
Die installative Fotoserie „Around you“ von Klaudia Dietewich zeigt auf Aludibond gedruckte Photographien von schadhaften Stellen im Asphalt einer holländischen Kleinstadt, die von den Strassenarbeitern mit heller Kreise umkreist worden sind, um sie später auszubessern. Die Kreidelinie der Arbeiter zieht eigentlich unbeabsichtigt eine Grenze zwischen einem Innen und Aussen, um etwas zu markieren und als schadhafte Stelle zu kennzeichnen, doch die Gedanken gehen weiter, zu uns selber. Diese gefundenen Zeichnungen im städtischen Raum werden hier zum Sinnbild von einem Innen und Aussen im Alltag, die unsere fragile Befindlichkeit aufzeigen. Wie schnell wird etwas schadhaft, wie schnell wird etwas eingekreist und isoliert. Die flüchtigen Schritte auf der Tonspur verstärken für mich diese fragile Bewegung, dieses Kippen von einem Moment in den anderen auf eine zusätzlich poetische Weise.
Im Flur wiederum hat Mareike Lee einen Maschendraht in die beengte architektonische Situation gesetzt. Der Maschendraht zieht sich als buntes Ornament durch den Raum in wohl bedachten räumlichen Situationen. Fenster und Türen umgreifend. Das zeichnerische Ornament, das an Grenzzäune und Absperrungen denken lässt, setzt sich spielerisch über die Architektur hinweg und lässt uns vielleicht diese Hoffnung weiterhin aufrecht erhalten, dass Grenzen, auch wenn sie momentan wieder sichtbarer und stärker sind, invisible sind, nur metaphorische Grenzen oder unsere ohnehin vertrauten Grenzen zwischen Innen und Aussen, zwischen Licht und Schatten, zwischen Du und mir. Die eigentlich keine Grenzen sind sondern ein Dialog, ein Wechselspiel, somit leicht, flüchtig, unsichtbar, und somit nicht unüberwindbar, nur gedachte Grenzen, also fliessend. Im Fluss. Ich wünsche der Ausstellung eine tolle Geschichte von Grenzen, die eigentlich nicht wichtig sind, invisible limits von Ort zu Ort weiterziehen, über die Grenze nach Konstanz in die Schweiz hinein, später.
Sibylle Omlin
Mit vier deutschen und vier Schweizer Positionen geht „in_visible limits“ den Fragen nach, welchen Grenzen wir uns im Europa des 21. Jahrhunderts gegenüber sehen, gegen welche wir ankämpfen und welche wir – oft zu unserem Vorteil – aufrecht zu erhalten suchen. Nicolai Rapp und Anna Anders geht es um das, was sich außerhalb unserer (europäischen) Grenzen abspielt.
Sie thematisieren die Zustände und Lebensbedingungen, die bei den Menschen zu dem unbändigen Wunsch nach einem besseren Leben und damit zu den Migrationsbewegungen führen, die wir derzeit erleben. Die Arbeiten des Künstlerpaars maboart (Ursula Bohren Magoni und Claudio Magoni) und die Werke von Mareike Lee thematisieren die materiellen Barrieren: Zäune, die den physischen Inbegriff von Abschottung und Aussperrung darstellen. Die Werke von Klaudia Dietewich und Victorine Müller beschäftigen sich mit den Grenzen persönlicher Freiheit, die Staat und Wir schaft immer enger um uns ziehen. Frantiček Klossner und das Künstlerpaar Daniel Glaser/Magdalena Kunz konfrontieren uns mit der körperlichen und der seelischen Begrenztheit des Menschen. In vier Kunst-Dialogen nähert sich in_visible limits somit den verschiedenen Bedeutungsspektren von „Grenzen“ an und fragt, wie wir diese wahrnehmen und mit ihnen umgehen – ein Thema, wie es aktueller nicht sein könnte.
Zu jedem Künstler/ jeder Künstlerin erscheint eine Postkarte mit Informationen zur Arbeit.
Kuratiert von Dr. Raimund Menges vom Kontur.Kunstverein Stutgart e.V., wird „in_visible limits“ im Neuen Kunstverein Aschaffenburg, im Kunstverein Konstanz, im Kunsthaus Interlaken und im Kunst (Zeug) Haus Rapperswil gezeigt.
Öffentliche Führungen
Do, 12. Mai, 18.30 Uhr
So, 5. Juni, 11 Uhr
So, 10. Juli, 11 Uhr (Finissage)
Künstlergespräch So, 26. Juni 2016, 11 Uhr
mit Dr. Raimund Menges, maboart (Ursula Bohren Magoni und Claudio Magoni) sowie Nicolai Rapp