Die Erschöpfung
Ulu Braun
Der Kunstverein Konstanz präsentiert in seiner ersten Ausstellung des Jahres mit Ulu Braun (1976 in Schongau geboren) einen Künstler, der in Video und Film, in Installation und Fotoprint Bilder collagenartig zu eigentümlichen Welten rätselhafter Zeichen und surrealer Arrangements verarbeitet.
Wie die Titel seiner Videocollagen „Forst“ (2013) oder „Atlantic Garden“ (2010) andeuten, nutzt Ulu Braun landschaftliche Strukturen als Ursprung und wiederkehrenden Bezugspunkt seiner verwirrend detailreich-disparaten, in lebhafter Farbigkeit gestalteten Filmwelten.
Der Wald in „Forst“ (Video, 10:30 min., HD, 1-Channel-Projection, loop, stereo) ist ein grün-romantisches Stück Natur mit ausladenden Baumkronen und moorig-dunklem See, in das hinein unterschiedlichste Sequenzen inszeniert werden: ein Kamera-Team nimmt einen schlammbedeckten See-Schwimmer auf, ein Kind im Spidermankostüm posiert in einem Korbnest, hoch in eine Baumkrone geständert, eine rote, ganz offen elektronisch erzeugte Bahn schlängelt sich über den Waldgrund, auf einer vermüllten Waldlichtung liegt ein menschlicher Körper bäuchlings vor einem Zelt.
Beklemmend-dunkeln Bildfragmenten in „Forst“ setzt Ulu Braun in „Atlantic Garden“ (Video, 06:30 min, HD, 1-Channel-Projection, loop, stereo) ein heiter-helles Küstenszenario entgegen, das im Blick einer riesenhaft,im Bildvordergrund platzierten Möwe irreal-märchenhafte Züge annimmt: die Architektur des Gartens vereint üppige Palmen und streng gestutzte Heckenzüge, Gebäude, dicht an die Rasenfläche geschoben, zeigen ungleichartig gestaltete Fassaden, die ihre Bedeutung, funktionale Gartenhäuser oder tempelartige Spiritualstätten, verunklaren. Den Eindruck inkohärenter Gleichzeitigkeit verstärken Gruppen junger Menschen, die auf der Rasenfläche lagern, ein rotgewandeter Heilsbringer, Fechter, in Masken verborgen, die aus Rollstühlen den Degen gegeneinander zücken.
Ähnlich wie in „Forst“ die romantische Wohligkeit der Waldnatur Einstellung für Einstellung aufgelöst wird, zersetzen Überfülle und Beziehungslosigkeit des atlantischen Gartens zunehmend die anfängliche Empfindung unbeschwerten plein-air-Erlebens. Ulu Braun stellt Fragen, auf die es in unseren zeichenüberladenen, beschleunigten Bilderwelten, den äußeren wie inneren, keine einfachen Antworten gibt, vielleicht am Ende gar keine.
Die Abgründigkeit dieser Arbeiten verdichtet sich noch in seinen Videocollagen „Cadavres Exquis Vivants“ (each 2-4 min., HD, 2007-2013), die in der Ausstellung des Kunstvereins Konstanz ebenfalls präsentiert werden: „Proust“ oder „Goethe“ werden aus unterschiedlichsten Bildfragmenten konstruiert und in ihren repetitiven Bewegungsabläufen animalisch-monströs porträtiert - und, ironisch gebrochen, als erlesene Leichen wiedererweckt.
Ulu Braun hat seiner Konstanzer Ausstellung den vieldeutigen Titel „Erschöpfung“ gegeben: ihn interessiert neben allen Fingerzeigen auf immer gegenwärtige Risiken schleichender Übermüdung auch das enthaltene Potential der Schöpfung.
Katalog
Zur Ausstellung erscheint ein
Führungen
Do, 20. Februar 2014, 18 Uhr
So, 23. März 2014, 11 Uhr
So, 06. April 2014, 11 Uhr
Konzert
Sa, 29. März 2014, 17 Uhr
Neue Musik im Kunstverein
„Bassoon Beats“
Maria Wildhaber, Fagott
Dessi Kepenerova, Percussion
Öffnungszeiten
Di –Fr, 10 bis 18 Uhr
Sa/So, 10 bis 17 Uhr
Aus der Serie "Generation", 2013 (Detail)